Zum Hauptinhalt springen

Zur Beichte gehen bedeutet, ...

Bruder Josef ist ein vielgesuchter Beichtpater – das würden wohl die meisten bestätigen, wenn man an die Pforte des Klosters Wesemlin klopfen würde. In einer Zeit, in der so viele Fragen gestellt und oft die Relevanz der Beichte angezweifelt wird, hat Josef auf Anfrage hin seine Gedanken und Erfahrungen geteilt. Dieser Text stammt aus der Feder von Bruder Josef Regli und schildert seine ganz persönlichen Erlebnisse als Beichtvater hier im Kloster Wesemlin.

Die Ordensschwester war von diesen Worten tief berührt und sagte: „Das hat mir noch nie ein Beichtvater gesagt.“

Wahrscheinlich liegt bei der Beichte oft der Schwerpunkt auf dem Bekenntnis der Sünden. Papst Franziskus jedoch erinnert uns immer wieder daran, dass die Beichte eine Begegnung mit der zärtlichen Liebe Gottes sein soll. In einer Ansprache an die Beichtväter sagte er: „Die Sakramente sind, wie wir wissen, Orte der Nähe und der Zärtlichkeit Gottes für den Menschen. Sie sind die konkrete Weise, in der Gott uns begegnet, um uns zu umarmen. … Ich werde nicht müde zu betonen, dass Beichtväter ein wahres Zeichen der göttlichen Barmherzigkeit sein sollen.“ (Bulle zum Heiligen Jahr)

Für mich ist es eine tiefe und schöne Erfahrung, Menschen diese zärtliche und bedingungslose Barmherzigkeit Gottes spüren zu lassen.

In den Beichtgesprächen ist es mir auch wichtig, den Menschen zu helfen, ihr Leben in einem neuen Licht zu sehen. Ich habe den Eindruck, dass die religiöse Erziehung oft vermittelt, dass man perfekt und fehlerlos sein müsse. Jeder Fehler erscheint als „Sünde“, die man beichten muss. Um dieses Verständnis zu erweitern, verwende ich in Beichtgesprächen häufig ein Bild für unser christliches Leben: Ein christliches Leben zu führen ist wie das Erlernen eines Musikinstruments. Wer ein Instrument lernt, kann sich nicht vornehmen, niemals einen Fehler zu machen – das würde überfordern und schnell die Freude am Musizieren nehmen. Ein Instrument zu lernen gelingt nur, wenn man bereit ist, immer wieder Fehler zu machen. Das Ziel ist, sich von den Fehlern nicht entmutigen zu lassen, sondern weiter zu üben, bis das Spielen immer besser gelingt.

Jesus Christus ist wie ein guter Musiklehrer, der sich an meinem Spiel freut und mich ermutigt, weiter zu üben. Die Partitur wird im Laufe des Lebens immer anspruchsvoller, sodass ich in meinem christlichen Leben wachsen und reifen kann.

Für mich ist es eine sehr schöne und tiefe Erfahrung, in der Beichte Menschen die zärtliche, bedingungslose Liebe Gottes erfahren zu lassen und sie zu ermutigen, die Melodie des christlichen Lebens als einzigartiges Musikinstrument Gottes einzuüben.

- Bruder Josef Regli