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Bruder Sonne, Schwester Mond

Es gibt Tage im Klosterleben, die sich anders anfühlen. Das Franziskusfest gehört zweifellos dazu. Es war ein Tag, an dem sich Tradition und Gegenwart, Frömmigkeit und Gemeinschaft auf ganz unmittelbare Weise begegneten. Mehr Menschen als üblich füllten die Kirche; die Stimmung erinnerte an eine Kilbi, nur dass statt Festzelt-Musik feierliche italienische Orgelklänge durch das Kirchenschiff schwebten.

Der musikalische Auftakt gelang meisterhaft: Franz Schaffner eröffnete mit einer Hommage an Francesco d’Assisi und setzte das Programm mit Werken von Giuseppe Gherardeschi fort – Elevazione in Es-Dur (Einzug), Pollonese a risposte in F-Dur (nach der Predigt), Andantino affettuoso (Gabenbereitung) und zum Auszug ein Offertorio in C-Dur. Die Orgel wurde an diesem Morgen zur Brücke zwischen Luzern und Umbrien und setzte einen festlichen, zugleich warmen Ton für den ganzen Anlass.

Zsuzsanna Szabo führte als Kantorin die Gemeinde mit sicherer Stimme. Ihr Solo aus dem Sonnengesang war ein berührender Moment: Stimmen der Gemeinde und die Worte des heiligen Franziskus verschmolzen zu einem gemeinsamen Lob. Solche Augenblicke machten spürbar, wie Musik und Wort das Gemeinsame stärken können.

Ein kleiner, unerwarteter Vorfall wurde zum besonderen Zeichen: Bruder Pascal zog von hinten durch die Kirche nach vorne und entzündete eine Kerze vor dem Franziskusbild am Seitenaltar – eine spontane Geste, weil der Zelebrant die Kerze vergessen hatte. Die Gemeinde nahm diesen Moment als Teil des Rituals wahr; manchmal entstehen eben die eindrücklichsten Momente aus dem Unvorhergesehenen.

Höhepunkt des Gottesdienstes war die Predigt von Thomas Lang, Leiter des Pastoralraums Luzern. Mit persönlichen Erinnerungen an eine Assisi-Reise – an eine Nacht unter Sternen auf dem Monte Subasio, an eine überraschende Begegnung mit Wildschweinen – führte er zur Kernbotschaft: Franziskus sah in der Schöpfung nicht bloß poetische Bilder, sondern echte Geschwister. Bruder Sonne, Schwester Mond, Bruder Wind und Schwester Wasser sind für ihn Ausdruck einer Beziehung, die Verantwortung weckt. Thomas spann den Bogen zur Gegenwart: Wer den anderen als Schwester oder Bruder ansieht, durchbricht Feindbilder, fördert Vertrauen und Achtsamkeit – eine Haltung, die unserer Zeit guttun würde.

Der liturgische Kehrvers nach den Einsetzungsworten fasste die Botschaft in einem kurzen, prägnanten Bild zusammen:
„Gott behüte, Mensch, bewahre alle Schönheit dieser Welt.
Lass das Leben Zeugnis geben von der Kraft, die uns erhält.“

Im Anschluss verwandelte sich die Feier in ein vertrautes Beisammensein: Beim traditionellen Risotto-Essen sassen Mitbrüder, Freiwillige und Gäste an einer langen Tafel, teilten Brot, Worte und Lachen. Kein prunkvolles Festmahl, sondern ein einfaches, herzliches Zusammensein – vielleicht genau das, was Franziskus gefallen hätte.

Was bleibt von diesem Tag? Eindrücke: Musik, die Räume öffnete; ein spontan entzündetes Licht; starke Worte über Verbundenheit; und ein einfaches Mahl, das Gemeinschaft sichtbar machte. Das Fest zeigte, wie lebendig Kloster-Alltag sein kann: spirituell tief, musikalisch reich und menschlich nahe. Es war ein Tag, der Herzen weit machte und daran erinnerte, dass Glaube sich im Teilen, im Staunen und im sorgsamen Umgang mit der Schöpfung zeigt.

- bruder george